Johannes Schmalzl (FDP)

Ein Unterfranke regiert Stuttgarts größte Behörde
Johannes Schmalzl (FDP) zieht es immer wieder an den Main

STUTTGART Der oberste Mann im Stuttgarter Regierungspräsidium, der größten Behörde Baden-Württembergs, ist – nein, kein Schwabe. Nordwürttemberg wird von einem Unterfranken regiert. Und so sehr Johannes Schmalzl von seinem Regierungsbezirk auch schwärmt – an den Main zieht es ihn immer wieder.

Akten, Akten, Akten. Das Schicksal eines Regierungspräsidenten. Aber wann all die Unterlagen lesen, bei Terminen von früh bis spät? Der Dienstwagen, mit dem er tagsüber zwischen Böblingen und Wertheim unterwegs ist, „ist ein rollender Altpapierberg“. Einen Meter Post hat er abends im Büro abzuarbeiten. Und ja, gesteht Johannes Schmalzl, er nimmt viel Papier mit ins Schlafzimmer.

Abwechslungsreich
Seit genau einem Jahr, seit Januar 2008, ist der gebürtige Würzburger nun Leiter des größten Regierungspräsidiums der ganzen Republik – doch die Akten haben ihm die Freude am Job noch nicht vergällen können. Viel zu abwechslungsreich ist seine Arbeit, findet Johannes Schmalzl. Mal ist er im Weinberg unterwegs, um ein Naturschutzgebiet auszuweisen. Dann geht’s um eine neue Bundesstraße oder um die Flurneuordnung. Denkmalschutz, Forst, Gewerbeaufsicht, Schulen, Ausländerverwaltung, Katastrophenschutz, Landesgesundheitsamt – alles Sache des Regierungspräsidenten.

Schmalzl kümmert sich um Beschwerden von Bürgerinitiativen, wenn es um einen Krankenhausneubau geht. Wirbt während der Obsternte für regionale Produkte. Verhängt Fahrverbote, wenn die Luft Feinstaub-schwanger ist. Sucht nach Lösungen, wenn es irgendwo Streit um eine Tempo-30-Zone gibt. Und genießt „diese Weite im Amt“.

Frühstücksdirektor – das wäre das Letzte, was der 43-Jährige sein wollte. „Ich verstehe mich mehr als Regierungshausmeister, weniger als Präsident“, sagt der Unterfranke irgendwie ernst und zugleich verschmitzt. Was anderes als „Werkbank der Regierung“ sei sein Haus ja auch nicht: „Was das Ministerium vorgibt, wird umgesetzt.“

Zum Verwalter sei er eigentlich nicht geboren, sagt Johannes Schmalzl. Aufgewachsen und zur Schule gegangen in Marktbreit, entschied er sich nach dem Abitur „gegen den Bauch“ fürs Jurastudium. Theologie und Kirchenrecht studierte schon der ältere Bruder – also sollte es was Säkulares sein. Außerdem, sagt Schmalzl, „wollte ich immer in die Nähe der Gestalter rücken“.

Also Recht! In Würzburg, Bonn und Lausanne. Das Referendariat leistete Schmalzl am Kitzinger Amtsgericht und bei der Regierung von Unterfranken ab. Und in der deutschen Botschaft in Tallinn. Dort war der Posten des Kulturreferenten gerade unbesetzt – also kümmert sich der Jungjurist um die deutsch-estnischen Kulturbelange. Im diplomatischen Dienst zu bleiben, das hätte sich Schmalzl damals gut vorstellen können . . ., doch zurück in Deutschland schlug er den Weg in den baden-württembergischen Landesdienst ein. Der Liebe wegen.

Seine Frau, eine Tauberbischofsheimerin, hatte Schmalzl an der Würzburger Uni kennengelernt. Im zweiten Semester, Vorlesung Kriegsvölkerrecht. In Stuttgart arbeitete der Unterfranke zunächst im Justizministerium, dann in den Landesvertretungen Bonn und Berlin, war Staatsanwalt und schließlich Leiter des Ministerbüros. Irgendwie sei er „immer zur rechten Zeit am rechten Ort“ gewesen, sagt Schmalzl über die Karrieresprünge. Als man 2005 im Stuttgarter Justizministerium einen neuen Verfassungsschutzpräsidenten suchte, meinte der Minister irgendwann: „Sie müssen es selber machen.“

Also Geheimdienstchef. Den Freunden und Bekannten, die ihm Schlapphüte und Trenchcoats andienten, musste der Unterfranke erst einmal klarmachen, „dass ich nicht rumlaufen möchte wie das Klischee“. Und auch Panikmache war dem obersten Verfassungsschützer, so wird in Stuttgart gesagt, zuwider. Die Bekämpfung des islamistischen Terrors war ein Schwerpunkt seiner Geheimdienstzeit – und bescherte dem dreifachen Familienvater so manche schlaflose Nacht.

Für 2800 Mitarbeiter
Ob das FDP-Parteibuch den Ausschlag gab, als man in Stuttgart einen neuen Präsidenten für den größten Regierungsbezirk des Landes suchte? Egal. Seit Januar ist Schmalzl Chef von 2800 Mitarbeitern und verantwortlich für vier Millionen Menschen zwischen Stuttgart und Main. Und weil er von außen kommt, kann er das tun, wozu die Stuttgarter selbst viel zu bescheiden sind: Über die Landeshauptstadt schwärmen. „Stuttgart hat die bessere Oper, tolle Museen“, vergleicht Schmalzl die Schwaben-Metropole mit München. Die nächsten Karrierepläne? Schmalzl lacht und schüttelt den Kopf. Die Akten warten.

Von unserem Redaktionsmitglied Alice Natter – Main-Post Würzburg/Main-Tauber vom 02. Januar 2009


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