Aschaffenburg, 24. April 2004

"G8 Einführung – Bankrotterklärung der CSU Politik der letzten zehn Jahre"

Gesetzentwurf ohne Lernplan nicht beschließbar

Bildungspolitischer Sprecher der FDP Unterfranken zum G8 Gesetzentwurf

Am vergangenen Donnerstag wurde im bayerischen Landtag der Gesetzentwurf zum G8 in erste Lesung behandelt. Der bildungspolitische Sprecher der FDP Unterfranken, Karsten Klein, nannte die geplante Einführung „eine Bankrotterklärung der CSU Regierungspolitik der letzten zehn Jahre“. Noch während der gesamten neunziger Jahre habe sich die CSU Staatsregierung vehement gegen eine Schulzeitverkürzung ausgesprochen. Damit attestiere sich das bayerische Kabinett selbst, dass es „auf dem Holzweg war“ so Klein weiter. Dass die Landesregierung jetzt doch die schon lange von der FDP geforderte Reduzierung der Schulzeit umsetzen wolle, müsse wohl darauf zurückzuführen sein, dass man endlich sich der Realität stelle und die besseren Argumente der Liberalen Eingang gefunden hätten. Zudem sei es verwunderlich, dass Ministerin Hohlmeier und die Landtagsopposition immer über das Halten des Qualitätsniveaus des jetzigen G9 diskutieren. Die PISA Studie habe aber doch gerade gezeigt, dass auch Bayern international nicht Spitze sei. Dennoch sei die Schulzeitverkürzung ein unausweichlicher Schritt damit bayerische Schüler national und international wettbewerbsfähig bleiben.
Klein kritisierte allerdings, dass die Landesregierung um Edmund Stoiber an einer Umsetzung erst in dieser Legislaturperiode arbeite. Spätestens vor einem Jahr hätte dies in Angriff genommen werden müssen. Für die Verzögerung gebe es laut Klein nur zwei nachvollziehbare Gründe. Ein Grund könnte die Angst vor einer Auseinandersetzung im Wahlkampf gewesen sein, der andere wahrscheinlichere, ist wohl darin zu finden, dass die CSU selbst während des Landtagswahlkampfes von den besseren Argumenten der Liberalen überzeugt werden konnte. Letzteres bestätige wieder einmal, dass Bayern dringend einer FDP Opposition bedarf. Dies untermauere auch der desolate Auftritt der Landtagsopposition, deren einzige Antwort auf die Probleme im Bildungsbereich Schulden machen sei. Zudem dürfte bei der gesamten Bildungsdiskussion nicht unter den Tisch fallen, dass es die rot-grüne Bundesregierung ist, die Mittel im Hochschulbaubereich kürze.
Als außerparlamentarischer Oppositioneller kritisierte Klein auch den Gesetzesentwurf als solchen. Dieser stütze sich auf den Lehrplan des achtstufigen Gymnasiums, der bis heute nicht mal erstellt sei. Dies sei Teil der unsoliden Regierungsarbeit, die sich spätestens seit dem letzten Herbst in Bayern breit mache. Des weiteren sei festzuhalten, dass die Schüler des G8 mindestens 10 Wochenstunden weniger Unterricht erhielten als Schüler des G9. Dies bedeutet auf die gesamte Schulzeit gerechnet, dass G8 Schüler ein drittel Schuljahr weniger unterrichtet werden. Berücksichtigt man zudem noch die Intensivierungsstunden, so wird deutlich, dass die Stofffülle im bisherigen Umfang und Form der Vermittlung nicht haltbar ist. Die bis jetzt gemachten Ankündigungen des Kultusministeriums zur Lernplanskürzung, zu strukturellen Reformen und den Einsatz neuer didaktischer Ansätze, sind schon deshalb offenkundig zweifelhaft, weil bisher keine Pläne zur einer Reform der Lehreraus- und -fortbildung vorliegen. Die von der FDP und den Jungen Liberalen Unterfranken lange geforderten Veränderungen in diesem Bereich wären allerdings Grundvoraussetzung für eine solche Umstellung des Unterrichts. Zudem kann der Gesetzentwurf nach Meinung Kleins nicht ohne einen feststehenden Lehrplan für die G8 beschlossen werden.
Die Einführung von Intensivierungsstunden ist zwar zu begrüßen, aber in Form von halben Klassenstärken werden sie wohl kaum ihrer eigentlichen Aufgabe gerecht. Die Förderung von Stärken und das Erlernen im Umgang mit eigenen Schwächen folgt einer Forderung der FDP.
Betrachtet man die finanzielle Seite so werden laut Klein die wahren Gründe für die überstürzte Einführung sichtbar. Selbst aus dem Anhang des Gesetzentwurfs ergibt sich auf lange Sicht ein erhebliches Einsparpotential im Personalbereich. Dies wird durch Einrichtung von Arbeitszeitkonten und durch die Erhöhung der Arbeitszeit noch erhöht.
Zudem plant die Staatsregierung die Kosten, die in folge des Nachmittagsunterrichts für die Kommunen entstehen, voll auf diese abzuwälzen. Dies tut sie, indem sie das im letzten Jahr pünktlich vor der Wahl rechtlich geregelte Konnexitätsprinzip mit Hinweis auf die G9 „neu“ umfahren will. Dieses G9 „neu“ wurde nur für dieses Schuljahr eingeführt und unterscheidet sich vom „alten“ G9 durch einen neuen Lehrplan. Offensichtlich, so Klein hält die Landesregierung wohl selbst politisch nichts von der Umsetzung des Prinzips „Wer zahlt schafft an – wer anschafft zahlt!“. Sonst würde man nicht versuchen sich mit rechtlichen Tricks vor seiner Verantwortung zu drücken.
Dies zeige auch, dass von der vollmundig versprochenen Bereitschaft mehr in die Bildung zu investieren nichts zu spüren sei. Wer mehr Bildung verspricht, muss Lehre und Forschung meinen, fordert Klein weiter. In beiden Bereichen ist allerdings gegenteiliges festzustellen, trotz des Bühnenzaubers, den das Kabinett bei der Festlegung der Höhe der Kürzung aufgeführt habe.
Man muss wohl feststellen, so Klein abschließend, dass es sich bei Einführung der G8 zum kommenden Herbst zwar um einen Schritt nach oben auf der Leiter, aber leider immer noch ein Schritt auf einer morschen Leiter handele. Noch wie vor werde es von der bayerischen Staatsregierung verpasst, sich in der Bildungspolitik auf einer fundierten Treppe noch oben zu bewegen. Dem wird besonders durch den noch immer fehlenden Lehrplan für das G8, ohne den an eine Verabschiedung des Gesetzes nicht zu denken ist und durch die fehlenden Pläne zur Reformierung der Lehreraus- und Fortbildung entgegenarbeitet.

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