Porträt: Leutheusser-Schnarrenberger

Porträt: Ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger empfiehlt sich für höhere Aufgaben

Auf Augenhöhe mit der CSU

München. Angst hatte die CSU vielleicht nicht gerade vor der neuen Koalitionspartnerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, aber schon ein ungutes Gefühl. Immerhin hatte die liberale Rechtsanwältin die CSU in den Jahren 1992 bis 1996 als Bundesjustizministerin in der Regierung Helmut Kohl zur Weißglut gebracht. Vor allem den bayerischen „Mister Sicherheit“ Günther Beckstein. Doch die Frau mit dem ellenlangen Namen habe sich gewandelt, bescheinigte Beckstein vor wenigen Tagen. Jetzt könne man mit ihr „etwas Vernünftiges“ aushandeln.

Strahlende Siegerin
Mit dem neuen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer bildete die 57-jährige Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der bayerischen FDP zwei Wochen lang so etwas wie ein ungleiches „Dream Team“. Seehofer weiß ja, wie er mit Frauen umzugehen hat, wie sich vor einigen Jahren schon an dem gesundheitspolitischen Verhandlungen mit SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zeigte. Seehofer jedenfalls zeigte sich als Kavalier und Charmeur und Leutheusser-Schnarrenberger als strahlende Siegerin. Zu Recht. Denn selten ist es einer Partei gelungen, sich von einem Landtagswahl-Ergebnis von 2,6 Prozent im Jahre 2003 mit einem Schlag nicht nur in den Landtag, sondern auch ins Kabinett zu katapultieren. Das Wahlergebnis wurde glatt verdreifacht.

Mehr als sieben dunkle Jahre hatte Leutheusser-Schnarrenberger seit ihrer Wahl zur Vorsitzenden der bayerischen Liberalen im Jahr 2000 zu überstehen. Unter ihrem Vorgänger hatte sich die FDP im Freistaat zu einer Splitterpartei heruntergewirtschaftet. Der Aufstieg aus der Asche gelang bei der Landtagswahl im vergangenen September freilich nur, weil das bundespolitische Klima günstig für die Liberalen war. Die jetzige Regierungsbeteiligung im Freistaat ist für das jahrelange Rackern jenseits der Schlagzeilen mehr als nur ein Quantum Trost. „Wir sind keine Ein-Frau-Partei“, bekräftigt die Landesvorsitzende immer wieder. Zum Beweis überlässt sie die zwei Ministerposten, die die FDP im Kabinett Seehofer besetzen darf, den Parteifreunden Martin Zeil und Wolfgang Heubisch und bleibt als Bundestagsabgeordnete in Berlin – wohl wissend, dass sie sich mit ihrem Einsatz für eine Wiederwahl als Landeschefin und eine Wiederaufstellung als Bundestagsabgeordnete qualifiziert hat. Viele sehen Leutheusser-Schnarrenberger als Ministerin einer schwarz-gelben Bundesregierung, die nach der Bundestagswahl 2009 gebildet werden könnte. Den bayerischen Liberalen jedenfalls würde es großes Vergnügen bereiten, mit der CSU auch in Berlin „auf Augenhöhe“ zu verkehren. Immerhin, so hört man auch in ihrer Partei, sei sie die einzige aus Bayern, die dazu in der Lage sei.

Scharf auf Ämter zu sein, konnte man der bayerischen FDP-Chefin auch vorher nicht nachsagen. Ende 1995 trat sie als Bundesjustizministerin zurück, weil ihre eigene Fraktion mehrheitlich für den großen Lauschangriff gestimmt hatte. Bis vor kurzem galt die engagierte Rechtspolitikerin und Angehörige des Freiburger Kreises als „linksliberal“. Juristin ist die in Minden geborene Tochter eines Rechtsanwalts durch und durch. Die Politik spielte in ihrer Familie stets eine große Rolle. Vater Horst Leutheusser war als CDU-Mitglied in den 60er Jahren Vizebürgermeister von Minden, Onkel Wolfgang Stammberger von 1961 bis 1962 Bundesjustizminister. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die seit dem Tod ihres Ehemannes im Februar 2006 Witwe ist, wohnt in einer der reichsten Regionen Deutschlands, im Landkreis Starnberg. Dem Image, Interessenvertreterin des Mekkas der Besserverdienenden zu sein, wirkt sie durch die eigene Lebensführung entgegen: Zu den Koalitionsgesprächen mit der CSU reiste sie stets mit der S-Bahn an.

Biografische Daten
• Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurde am 26. Juli 1951 in Minden geboren.
• Seit 1978 Mitglied der Liberalen.
• Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen und Bielefeld war sie von 1979 bis 1990 beim Deutschen Patentamt in München, zuletzt als Leitende Regierungsdirektorin.
• Seit 1990 Mitglied des Bundestags.
• 1992 bis.1996 Bundesjustizministerin unter Helmut Kohl.

Von unserem Korrespondenten Ralf Müller – Fränkische Nachrichten (Mannheimer Morgen) vom 30. Oktober 2008


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